Gastbeitrag von Petra Herz: Was das „Bälle- und Stöckchenwerfen“ mit dem Jagdverhalten zu tun hat

Das Jagdverhalten des Hundes ist genetisch verankert. Was heißt das?

Der Stammesvater unseres Haushundes ist der Wolf. Um zu überleben muss der Wolf in freier Wildbahn Beute machen. Die damit verbundene Jagd dient in erster Linie zur Nahrungsbeschaffung die wiederum überlebenswichtig ist. Und per Definition gehört ein Verhalten, welches mit Nahrungsbeschaffung, Nahrungsaufnahme und Verdauung gekoppelt ist, zum sogenannten STOFFWECHSEL. Diese Tatsache ist besonders wichtig, denn Jagdverhalten hat NICHTS mit Spiel- oder Sozialverhalten zu tun. Es ist als Erbe im Stammhirn abgespeichert und funktioniert wie ein „Ur-Gedächtnis“ - er kann es einfach - genau wie fressen und verdauen!

Es kommt noch eine wichtige Sache dazu: WAS motiviert den Wolf denn zu jagen? Klar, er hat Hunger - ABER: diese gesamte Jagdkette wirkt im Gehirn selbstbelohnend, d.h. dass die Beute zwar letztendlich die Belohnung ist, der Weg dorthin (Jagdkette) - also das Orten, Fixieren, Hetzen, Packen, Töten und Fressen - ist selbstbelohnend.

Das Hirn wird mit Adrenalin und Endorphinen geflutet, und das fühlt sich für das Tier an wie ein Rausch - richtig gut…:)

Das muss - in freier Wildbahn - auch so sei,n denn die Jagd ist beschwerlich, gefährlich und anstrengend. Mit dem „rauschgefluteten Gehirn“ aber schafft es der Wolf für diesen Moment der Jagd leistungsstark zu bleiben. Und weil es sich so gut anfühlt, wird er wieder jagen! Und garantiert somit den Fortbestand seines Rudels.

Wenn wir also unserem Welpen einen Ball oder ein Stöckchen werfen, wird aufgrund des Bewegungsreizes das Stammhirn aktiviert. Der Welpe denkt: „Oh, aha, ich glaube ich muss da hinterher“. Und schon wird die sogenannte Jagdkette ins Rollen gebracht. Der Ball/ Stock wird geortet, gehetzt, gepackt, vielleicht geschüttelt (und damit „getötet“), vielleicht zum Halter

zurückgebracht - UND der Welpe wird belohnt! Nicht nur vom eigenen Gehirn

(Selbstbelohnung), sondern zusätzlich auch noch vom Halter! Das fühlt sich doppelt gut an! Wird der Hund also beim nächsten Wurf wieder losrennen? Was meinst Du?

Die Antwort ist natürlich:

JA KLAAAAR! Weil es sich sooo gut anfühlt. Und schon hat man einen Hund, dem es zunehmend schwerfallen wird, einem Bewegungsreiz zu widerstehen. Und nun kommen die ersten Jogger, Radfahrer, rennenden Kinder und andere Hunde ins Spiel!

Wie soll EUER Hund verstehen, dass DAS nun doch nicht mehr belohnt wird? Er vielleicht sogar geschimpft wird? Wie soll er verstehen, dies nicht mehr tun zu dürfen weil es sich aber doch so gut anfühlt?!

Ihr seht, mit dem gutgemeinten Ballspiel wird ein Prozess in Gang gesetzt, der schwer umkehrbar ist. Deshalb tut euch und eurem Welpen einen Gefallen: lasst ihn nicht jagen! Werft nichts was er holen muss. Denkt ein paar Monate weiter und malt euch aus das aus... Egal was, oder wer, an eurem (dann) Junghund vorbeiläuft, EUER Hund bleibt brav sitzen!

Menschen die sagen das ihr Hund ein sogenannter „Balljunkie“ ist, haben einen Hund, der so fixiert auf ein Spielzeug ist, dass er für nichts anderes mehr zugänglich ist. Man bekommt ihn kaum aus diesem Zustand der Erregung heraus, er hat einen irren Blick - und man fragt sich zurecht: „Hat dieser Hund wirklich Spaß oder ist er einfach abhängig?“

Ich glaube ihr könnt diese Frage selbst beantworten…..

Noch eine Definition: „SPIEL“ ist für euren Hund, wenn er einfach frei Dinge ausprobiert. Das können wir gut in den Spieleinheiten der Welpenstunde beobachten: Welpen sind sich selbst genug. Es braucht kein Spielzeug.

Werft ihr einen Bal,l den der Hund wieder zurückbringen soll, ist es für den Hund kein Spiel. Es ist ein Auftrag. Euer Auftrag an den Hund. Und damit auch nicht „frei“!

Setzt euch mit eurem Welpen einfach irgendwo an den See, in den Wald, lasst ihn schnüffeln und die Welt entdecken.

DAS ist dann Spiel - einfach mit dem Hund SEIN - denn der Umgang mit seinem Sozialpartner bedeutet für euren Hund die Welt <3 

Eure Petra

Quelle: Petra Herz, www.hunderlherz.de 

Hundetrainerin: HunderlHerz: HunderlHerz - Hunderlherz